Panoramafotografie
Fotografie ist für mich die Verbindung von künstlerischem Schaffen und technischer Spielerei. Auf der einen Seite wäre da dann Ästhetik, Bildsprache, Gestaltung etc. Und auf der anderen Seite wären Werkzeuge wie Photoshop, Focusstacking, HDR etc. Und eben auch Panoramafotografie.
Als Panoramafotografie bezeichne ich hier das Aufnehmen mehrerer Bilder und das anschließende Zusammenfügen mittels Lightroom, Photoshop, PTGui etc. Durch das Zusammenfügen werden Bilder erzeugt, die eine Vielzahl der Pixel der Ausgansbilder aufweisen. Hier kommt man dann vom Bereich der Megapixel in den Bereich der Gigapixel. Gigapixel haben sich quasi als eigene Gattung etabliert und haben eine so immense Auflösung, dass man unheimlich weit hineinzoomen kann und immer neue Details entdeckt. Ein Beispiel wäre dieses hier.
Die einzelnen Bilder werden dabei zeilenweise aufgenommen, wobei die Bilder sich überlappen müssen. Diese Überlappung dient dazu, die Bilder übereinanderlegen zu können. Je größer dieser Bereich ist, desto leichter hat es die Software. Aber man muss auch mehr Bildmaterial erstellen. Hier hat sich wohl 1/3 als gutes Mittelmaß herausgestellt. Der Ablauf ist dabei, dass man ein Bild aufnimmt, vertikal schwenkt, ein Bild aufnimmt, vertikal schwenkt … und am Ende der Zeile horizontal schwenkt und eine neue Reihe beginnt. Ein Tipp am Rande: Am Anfang und Ende des Panoramas fotografiere ich meine Hand (es geht aber natürlich auch etwas anderes). Dann erkenne ich leicht, welche Bilder zu einem Panorama gehören.
Als Ausrüstung benötigt man ein stabiles Stativ mit Stativkopf, der horizontales und vertikales Schwenken zulässt. Ich persönlich verwende auch immer einen Fernauslöser. Je nach Anspruch kann man einen Nodalpunktadapter verwenden, der Parallaxenfehler beseitigt. Diese Fehler entstehen dadurch, dass die Kamera im Normalfall nicht um die Eintrittspupille des Objektivs geschwenkt wird, sondern um das Stativgewinde am Boden der Kamera. Einen Parallaxenfehler kann man sich so vorstellen: Auf einem Bild steht eine Straßenlaterne links von einem Verkehrsschild. Auf dem zweiten Bild, nach dem Schwenken, steht die Straßenlaterne rechts vom Verkehrsschild. Dies kann beim Zusammenfügen zu Problemen führen, reduziert aber generell die Schärfe des Panoramas. Abhilfe schaffen Nodalpunktadapter, welche die Kamera „nach hinten“ über den Drehpunkt des Stativs verschieben. Diese Adapter sind recht teuer … es gibt aber eine günstigere Lösung. Diese habe ich mir besorgt. Die gute Nachricht ist aber, dass Parallaxenfehler mit zunehmender Entfernung abnehmen. Von einem Turm herunter sollte sich der Effekt entsprechend ausreichend reduziert haben.
Thema Turm: Neulich ich war ich in Hornberg auf dem Schloss Hornberg … bzw. auf dessen Ruine und wollte mal wieder ein Panorama aufnehmen. Hornberg sieht für mich von oben wie eine klassische Modelleisenbahnlandschaft aus: Von Links kommen die Schienen über ein Viadukt, dann ein kleiner Bahnhof und alles eingebettet in einen kleinen Ort. Also perfekt für ein Panorama.
Meine Kamera habe ich dazu auf mein Reisestativ montiert und auf die Zinnen des noch stehenden Turms gestellt und mittels Wasserwaage auf dem Blitzschuh waagrecht ausgerichtet. Die kleinen Wasserwaagen für den Blitzschuh kann ich jedem empfehlen, der gerne mal in Schräglage ist. Ich verwende die z.B. sehr häufig. Als Objektiv kam mein 70-200mm @ 70mm, f11 zum Einsatz. Den Fokus hatte ich manuell eingestellt und per Liveview überprüft. Noch ein Hinweis: Wenn ein Objektiv mit Bildstabilisator in Kombination mit einem Stativ eingesetzt wird, sollte man den Bildstabilisator deaktivieren. Bei einigen Objektiven kommen die Algorithmen zur Stabilisation mit Stativen nicht klar und die Bilder verwackeln … trotz und wegen Stativ.
Bei der Aufnahme habe ich die Schwenks anhand des Liveview geschätzt. Zuhause habe ich die Bilder dann mit Lightroom zusammengesetzt und das Ergebnis lässt sich echt sehen!
Das Bild ist so detailgenau, dass man zoomen kann ohne Ende. Es hat ja schließlich auch 30432 * 6307 Pixel! Gerade wenn man die Häuser links unten anschaut. Da sieht man sogar die Brücke, wie sie durch die Dächer fährt! Wahnsinn.
Ja, tatsächlich. Da läuft ein Teil der Brücke durch die Häuser. Und rechts unten laufen Wege auch eher ungewöhnlich. Was ist geschehen? Ich habe geschlampt. Und zwar so ordentlich, dass ich das hier zeigen möchte.
Dieses Bild zeigt die Realität recht gut. Das obere Bild habe ich mit Lightroom und der Funktion „Kanten füllen“ beim Erstellen des Panoramas erzeugt. Hier versucht Lightroom, fehlende Informationen zu ergänzen. Und bei mir hat einiges gefehlt. Man kann gut die einzelnen Bilder erkennen. Und auch das Problem: Die Kamera hatte ich beim ersten Bild (links oben) waagrecht mit der Wasserwaage ausgerichtet. Aber nur die Kamera. Das Stativ stand schräg auf der Zinne und mit jedem Schwenk bin ich höher gewandert. Die Basis war also falsch. Beim Schwenk nach unten für die zweite Reihe ging dann alles daneben. Auch scheint die Anzahl der Bilder pro Reihe nicht gleich zu sein. Wenn ich das Bild so zuschneide, dass ich nur den Bereich habe, für den Bildinformationen vorhanden sind, dann kommt Folgendes dabei heraus:
Warum zeige ich hier diesen Fehlschlag? Ganz einfach: Hier ist so vieles schiefgelaufen, das ich recht einfach hätte verhindern können. Nur ein Stichwort: Sorgfalt.
- Stelle sicher, dass die Schwenkachse waagrecht ist. Eine waagrechte Kamera reicht nicht aus!
- Mache pro Reihe gleich viele Bilder!
- Schätze nicht den Schwenk, sondern nutze die Gradeinteilung am Stativkopf!
Was ich noch anfügen will:
- Panoramaaufnahmen im Gigapixel-Bereich machen unheimlich Spaß
- Panoramaaufnahmen lassen sich auch mit einfacheren Mitteln umsetzen
- Ein Nodalpunktadapter ist bestimmt eine feine Sache, aber für meine Zwecke übertrieben
- Lightroom reicht für meine Zwecke vollkommen aus und bietet einen leichten Einstieg in die Thematik.
Zu meiner Ehrenrettung noch zwei Panoramen von meinem letzten Trip nach Chicago, die zeigen, was man mit Panoramen alles anstellen kann.
Nikon Kit-Objektiv 18-105mm @ 105mm, f11Herunterladen
Sigma 20mm @ f5.6Herunterladen
Beide Panoramen zeigen die Möglichkeiten, die durch meine vergleichsweise einfachen Mittel entstehen. Hier habe ich nur ein Stativ und Lightroom verwendet. Beim Bild der Skyline habe ich sogar „nur“ mein Kit-Objektiv verwendet, das bei meiner D5300 dabei war. Die Crown Hall habe ich mit meinem Sigma 20mm Weitwinkelobjektiv aufgenommen.
Also worauf wartet ihr? Probiert es einfach mal aus und seid kreativ (und etwas sorgfältiger als ich oben)!