ISO Werte

ISO Werte. Je höher desto besser. Oder? Ach nein. Hohe ISO Werte sorgen ja für Bildrauschen. Trotzdem scheint die Möglichkeit, einen fünfstelligen ISO Wert einstellen zu können, mindestens fürs Marketing, wichtig zu sein. Also tasten wir uns gedanklich und praktisch an ISO Werte ran. Und zwar mit einem Schritt zurück.

Was machen wir eigentlich?

Wenn wir fotografieren, dann fangen wir das Licht ein, das in einer bestimmten Szene auf den Sensor der Kamera fällt. Die Szene selbst versuchen wir dabei (meistens) ästhetisch zu gestalten, Details wollen wir einfangen, Emotionen wollen wir wecken. Hierzu gibt es beispielsweise „Regeln“ der Bildgestaltung. Der entscheidende Faktor, nämlich das Licht, bleibt dabei weitgehend unbeeinflussbar. Wir müssen damit leben, was halt gerade verfügbar ist. Überspitzt ausgedrückt: Wir versuchen, Licht möglichst effektiv (bezogen auf die intendierte Wirkung) abzubilden. Hier kommt es auf die Belichtung an.

Zu viel, zu wenig, genau richtig

Wir können zu viel, zu wenig oder genau richtig viel Licht haben. Und die Kamera erlaubt uns eine Kompensation anhand von drei Parametern.

  • Mittels Blende können wir bestimmen, wie viel Licht durch das Objektiv auf den Sensor trifft. Ist zu viel Licht vorhanden, schließen wir die Blende (große Zahl). Bei zu wenig Licht öffnen wir die Blende (kleine Zahl). Aber die Blende beeinflusst die Schärfentiefe und wirkt sich deshalb auf die Bildgestaltung aus und im schlimmsten Fall können wir unsere Bildidee nicht mehr umsetzen. Ein Panorama im Abendlicht verliert beispielsweise durch eine geöffnete Blende an Schärfentiefe.
  • Mittels der Belichtungszeit können wir bestimmen, wie lange Licht durch das Objekt auf den Sensor trifft. Ist zu viel Licht vorhanden, dann wählen wir eine kurze Belichtungszeit. Bei wenig Licht wird die Belichtungszeit entsprechend verlängert. Die Belichtungszeit bestimmt darüber, wie Bewegungen abgebildet werden. Entweder flüssig bei längeren Belichtungszeiten oder eingefroren bei kürzeren Belichtungszeiten. Aber wieder hat dieser Parameter Einfluss auf die Umsetzbarkeit der Bildidee. Auf einer Feier ein tanzendes paar erstarren zu lassen, wird meistens nicht funktionieren. Abgesehen davon, dass die Gefahr von Verwacklern mit steigender Belichtungszeit steigt.
  • Mittels ISO Wert können wir die Empfindlichkeit des Sensors einstellen. Zumindest ist das eine verbreitete Erklärung zum ISO Wert. Dazu gleich mehr. Generell ist aber richtig, dass der ISO Wert als Gummiband zwischen den ersten beiden Parametern fungiert. Ein erhöhter ISO Wert erlaubt mir bei Dämmerung die Blende soweit zu schließen, dass ich eine durchgängige Schärfentiefe bekomme oder die Belichtungszeit so verkürzen kann, dass die Bewegung einfriert.

ISO = Empfindlichkeit?

In analogen Zeiten hat man durch die richtige Wahl des Films sich an die Lichtverhältnisse angepasst. Größere lichtempfindliche Partikel erhöhten die Empfindlichkeit des Films und sorgten dafür aber für körnige Bilder. In digitalen Zeiten können wir aber nicht einfach den Sensor austauschen. Von „Empfindlichkeit“ zu sprechen, halte ich deshalb für nicht wirklich richtig. Vereinfach – und wahrscheinlich auch nicht wirklich richtig – setzt der Bildsensor einfallendes Licht in elektrische Signale um, welche noch digitalisiert, also in 0 & 1 umgewandelt, werden müssen. Auf dem Weg von Licht zu Bit können die elektrischen Signale verstärkt werden. Und dieser Grad der Verstärkung wird durch den ISO Wert ausgedrückt. Der Sensor arbeitet aber nicht perfekt, reagiert auf Wärme oder die Elektronik der Kamera hat einen schlechten Tag. In jedem Fall kommt es zu Fehlern, die sich durch Bildrauschen gerade in den dunklen Bereichen zeigen. da genau dort nur wenig verstärkbare Information befindet. Ich möchte hier bewusst nicht die Thematik von Dunkelströmen und heißen Pixeln ansprechen. Den Effekt eines hohen ISO Werts verdeutlicht aber folgendes Bild: Der CD-Player spielt mein Lieblingslied und ich drehe die Lautstärke lauter. Übertragen auf Fotografie: Es ist ausreichend Licht vorhanden und ich erhöhe den ISO Wert. Das Bild wird heller oder bei gleicher Blende wird die Belichtungszeit kürzer. Jetzt ist aber der letzte Track auf der CD vorbei und es herrscht Stille. Aber aus der Stereoanlage höre ich jetzt ein Rauschen oder Brummen. Übertragen auf Fotografie: Es ist zu wenig Licht vorhanden und durch den höheren ISO Wert werden Störungen verstärkt und hörbar, die davor nicht aufgefallen sind. Im verwendeten Bild entspricht das Tonrauschen dem Bildrauschen. Und den Effekt hat jeder bestimmt schon gehört. Alles getreu dem Motto: „Wo nichts ist, dann kann auch nichts sein.“

Die Rolle des ISO Wertes

Der ISO Wert ist für mich das Gummiband zwischen Blende und Belichtungszeit, das es mir ermöglicht, meine Fotoidee umzusetzen. Kurze Belichtungszeit in der Dämmerung? Kein Problem! Einfach ISO erhöhen. Ein helleres Bild am Abend ohne Blitz? Kein Problem! Einfach ISO erhöhen. Aber alle technische Verstärkung hat ihre Grenzen. Das Bild rauscht, was gerade in dunklen Bereichen auffällt. Hier können dann Lightroom, Photoshop etc. helfen, die das Rauschen glätten können. Global angewendet wird das Rauschen reduziert aber insgesamt wird das ganze Bild weicher und verwaschener. Hier muss man die besonders betroffenen Bereiche besser gezielt bearbeiten. Aber ungeachtet dessen, erlaubt das Spiel mit dem ISO Wert die Umsetzung von Fotoideen, die eigentlich nicht machbar gewesen wären. Besonders moderne Kameras haben ein besseres Rauschverhalten und man kann mit höheren Werten arbeiten bevor die negativen Effekte zu deutlich werden. Probiert es einfach mal selbst aus, wie eure Kamera sich verhält und was ihr umsetzen könnt!